Über eine seit 45 Jahren bestehende kulturpolitische Initiative informiert MANFRED MUGRAUER.
Der KPÖ geht es in ihrer Kulturpolitik vor allem darum, Ansätze einer – von Lenin so bezeichneten – »zweiten Kultur« zu stärken, die der herrschenden kapitalistischen Kultur eine emanzipatorische entgegensetzt. Heutige Beispiele einer kontinuierlichen Kulturarbeit im Umfeld der KPÖ, die sich einem solchen Ansatz verpflichtet fühlen, sind etwa der Bildungsverein der KPÖ Steiermark, das Kulturcafé 7Stern, das Werkl im Wiener Goethehof, der Verein LIBIB in Linz oder die Galerie Mitte in Krems.
Eine wichtige kulturpolitische Initiative der KPÖ ist die AutorInnenlesung »Linkes Wort«, die seit 1975 alljährlich am Volksstimmefest, dem traditionellen Pressefest der KPÖ, im Wiener Prater stattfindet. In den 1970er Jahren, als die Alternativkultur einen Aufschwung erlebte, war die KPÖ für eine wachsende Zahl fortschrittlicher Intellektueller und KünstlerInnen attraktiv geworden. Zahlreiche Kulturschaffende engagierten sich damals in oder für die Partei. Anlässlich der Nationalratswahlen im Oktober 1975, wenige Wochen nach dem ersten »Linken Wort« am Volksstimmefest, unterzeichneten 77 Kulturschaffende einen Aufruf, für die KPÖ zu stimmen.
Die Initiative zum »Linken Wort« ging vom damaligen KPÖ-Politiker Ernst Wimmer aus, der großes Interesse an kulturpolitischen Fragen zeigte und in mehreren Beiträgen über das Verhältnis von Kultur und ArbeiterInnenbewegung reflektierte. Das »Linke Wort« war eines von mehreren erfolgreichen Projekten der KPÖ, einen alternativen und demokratischen Kulturbetrieb zu forcieren.
In den 1970er und 1980er Jahren organisierte der Lyriker und Schriftsteller Arthur West das »Linke Wort«, das ab 1981 auf der nach Jura Soyfer benannten Bühne stattfand. Unter den beteiligten AutorInnen fanden sich so bekannte Namen wie Elfriede Jelinek, Marie-Thérèse Kerschbaumer, Michael Scharang, Peter Turrini und Helmut Zenker. Die meisten der dort präsentierten Beiträge waren auf Themen der Arbeitswelt und auf Alltagserfahrungen im Sinne eines kritischen Realismus ausgerichtet. 1985 wurde von Arthur West der Sammelband »Linkes Wort für Österreich« herausgegeben, der Beiträge von 80 AutorInnen mehrerer Generationen versammelte und einen repräsentativen Einblick gab in das literarische Schaffen des »anderen Österreich«.
Heute sind bei den auf der Sigi-Maron-Bühne stattfindenden Lesungen sowohl etablierte SchriftstellerInnen als auch NachwuchsautorInnen vertreten, die verschiedene Textsorten wie etwa Gedichte, Essays, Kurzprosa oder Auszüge aus Romanen präsentieren. In den letzten Jahren waren etwa Ruth Aspöck, Manfred Chobot, Josef Haslinger, Mieze Medusa, Erwin Riess, Eva Schörkhuber, Richard Schuberth, Julian Schutting, Rolf Schwendter und Marlene Streeruwitz beteiligt, um nur einige der beim »Linken Wort« lesenden AutorInnen zu nennen.
Die Lesungen der Jahre 1998 bis 2002 bzw. 2008 bis 2019 wurden im Globus-Verlag als Anthologien veröffentlicht (sie sind zum Preis von 12 bzw. 14 Euro über bestellung@ linkes-wort.at zu beziehen). Als Herausgeber fungierten die Organisatoren Helmut Rizy (bis 2002), Roman Gutsch (bis 2011) und Christoph Kepplinger-Prinz (seit 2008). Jeder Band wird durch eine Titelgrafik, etwa von Alfred Hrdlicka, Helmut Kurz-Goldenstein, Othmar Wundsam oder David Lipp, geschmückt. Auch am diesjährigen Volksstimmefest, das am 5. und 6. September stattfindet, werden an beiden Tagen im Rahmen des »Linken Worts« Prosatexte und Lyrik vorgetragen.