Einen Operationstermin Mitte Oktober kurz vor den rasant steigenden Covid-Ansteckungszahlen und dem Lockdown bekommen zu haben – welch ein Glücksfall.
EINE MISZELLE VON BÄRBEL DANNEBERG
Das Eintreffen im Landesklinikum Zwettl ist ungewohnt: abgeschirmter Eingangsbereich, externes Covid-Personal weist auf maximal eine Begleitperson hin, Maskenpflicht, Händedesinfektion, Fiebermessen, Fragebögen ausfüllen. Nach den Aufnahmeformalitäten auf der Station: nochmals Fiebermessen, Befragungen, Anamnese, Rachenabstrich, Warten.
Das Pflegepersonal ist erstaunlich gelassen und routiniert im Umgang mit den erschwerten Arbeitsbedingungen. Im Krankenzimmer werden wir vom eintretenden Pflegepersonal ermahnt, Mund- und Nasenschutz anzulegen, erst dann nähern sie sich, selbst vermummt und handschuhbestückt, dem Bett.
Im Laufe meines Aufenthaltes erfahre ich, dass im Spital ein Covid-19-Cluster ist. Alle PatientInnen müssen sich nochmals einem Corona-Test unterziehen. »Im Zusammenhang mit einem Cluster um das Landesklinikum Zwettl in Niederösterreich sind am Freitag 26 mit dem Coronavirus infizierte Personen gemeldet worden«, schreibt die Kronen Zeitung. »Das Büro von Gesundheits landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) verzeichnete zehn angesteckte Patienten und zwei erkrankte Besucher …«
»Jetzt steht das auch schon in der Krone«, sagt der Bewegungstherapeut seufzend, der mir das Gehen mit Krücken beibringen soll. Das Dilemma sei, dass die Tests zu lange dauern. »Kommt ein Patient rein, wird er getestet, das Ergebnis ist erst am nächsten Tag da. 14 Kolleginnen des Pflegepersonals sind infiziert. Und wenn Pflegepersonal ausfällt, müssen die anderen die Arbeit machen. Mehr Personal gibt’s nicht«, meint er. Die anstrengende Arbeit mit den Masken oder einem Schutzschild, manche tragen beides, würde Augenentzündungen und Entzündungen des Nasen- und Rachen bereichs nach sich ziehen. »Das Personal ist überlastet. So langsam sind wir am Ende unserer Kräfte«, sagt er. Wir werden darauf hingewiesen, dass nur eine Besuchsperson pro PatientIn für maximal eine viertel Stunde erlaubt sei.
Diese Zeit droht zum Belastungstest für die Gesundheitseinrichtungen und Landesspitäler zu werden. Knapp 400 Covid-PatientInnen mussten Anfang November in diesen Einrichtungen Niederösterreichs versorgt, mehr als 50 davon intensivmedizinisch betreut werden. Betten für den noch bevorstehenden Ansturm müssen freigehalten werden. Meine Spitals-Bettnachbarin, die nach ihrer Knie-OP zur Rehabilitation nach Gmünd überwiesen wurde, schreibt mir, dass sie zehn Tage früher in häusliche Betreuung entlassen wurde, »eine Station um die andere wurde für Covid-Patienten frei geräumt.« Ich bin froh, nach gelungener Operation und trotz schwierigster Arbeitsbedingungen optimal betreut und rasch entlassen zu werden. Eine Woche später wäre meine Operation von der Spitalsorganisation wahrscheinlich abgesagt worden. Andere Menschen, die keine unbedingt lebenserhaltende OP wie ich vor sich haben, müssen warten und mit Schmerzen, der Ungewissheit, mit der Resignation und der Einsamkeit im Lockdown leben.
Das Ende des Corona-Tunnels ist längst nicht in Sicht. Eine Triage-Situation in den Spitälern, also eine Auswahl, welche PatientInnen zuerst hochprofessionelle Hilfe bekommen, wäre eine Katastrophe.