Von Heidi Ambrosch
Anlässlich 100 Jahre Internationaler Frauentag hatte sich 2010 die Plattform 20000frauen gegründet. Der Vielzahl von anstehenden Forderungen wurde mit einer großen Demonstration 2011 Nachdruck verliehen und wir entwickelten unsere gemeinsamen Visionen* als Richtschnur für realpolitisches Handeln. Längst schon war deutlich geworden, dass es nicht nur um ein größeres Stück des Kuchens geht, sondern zumindest um die Hälfte oder um einen ganz anderen Kuchen, ja mehr noch: um die Organisation einer anderen Bäckerei, die – wie heute festzuhalten wäre – mehr als einen grünen Farbanstrich braucht und solarenergiebetrieben ist. Grundlegende Fragen sind überfällig, etwa was wir wie produzieren und wie das Produzierte gerecht verteilt wird. Ebenso die
Die Vier-in-einem-Perspektive** stellt einen solchen ganzheitlichen Handlungsansatz zur Diskussion, in dem sie in Zusammenhang bringt, was als erlebter Gegensatz daherkommt. Das Stichwort Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in erster Linie immer an uns Frauen gerichtet – modern, also auch für Kinderlose, formuliert im Credo der work-life-Balance. Allein dieser Begriff ist mehr als irreführend, weil es, so scheint es, außerhalb der bezahlten Erwerbsarbeit ein Leben ohne Arbeit gäbe … Was wiederum dazu dient, den Haufen unbezahlter, aber gesellschaftlich notwendiger und mehrheitlich von Frauen geleisteter Arbeit im Verborgenen zu belassen.
Vor den Vorhang
Holen wir das ganze Leben vor den Vorhang: Neben der bezahlten Erwerbsarbeit, die bestenfalls Hilfe sein sollte, auch unsere Fähigkeiten zu unterstreichen und zu entwickeln und die auf jeden Fall existenzsichernd sein muss, gibt es den Bereich der sogenannten »Familien- oder Reproduktionsarbeit« sowie die Arbeit an der eigenen Entwicklung und schlussendlich die notwendige Teilnahme an gesellschaftspolitischen Entscheidungsprozessen.
Die Plattform 20000frauen entwickelte eine Vielzahl außerparlamentarischer Protestformen, an denen sich auch grüne und sozialdemokratische Frauen beteiligten. Die Themen, die dabei aufgegriffen wurden, waren allerdings bis auf wenige Ausnahmen von der sonstigen Parlamentsarbeit abgekoppelt. Sieht man von der schwarz- bzw. türkis-blauen Regierungen ab, war es immer der als Entschuldigung dienende Hinweis auf den Koalitionspartner, warum man oder frau diesem oder jenem zustimmen müsse. Etwas verwundert war ich dann schon über den Neusprech im K.u.K.-Gleichklang bei Verkündigung der türkis-grünen Regierungserklärung – sie sei »Das Beste aus beiden Welten«, die als Fundament mehr als der verankerte kleinste gemeinsame Kompromiss sei.
Aha – ist es das? Klar, das Ö1-Morgenjournal ohne O-Ton Kickl schont die Magennerven. Aber in der Substanz, den Auswirkungen den programmatischen Vorhaben sehe ich auch weiterhin nur eine Welt mit einem entscheidenden Interessenskonflikt zwischen den 99 Prozent der Frauenwelt und dem Rest. (Frazer, »Feminismus für die 99 %«).
Die budgetären Vorhaben – in Zahlen gegossene Politik – werden in anderen Beiträgen hinreichend dargestellt. Die damit verbundene weitere Entlastung der Besitzenden und oberen EinkommensbezieherInnen bedeutet entsprechende Belastungen auf der anderen Seite. Deswegen ist es auch regierungslogisch, Frauenpolitik in konservativer Hand zu belassen, denn wer sorgt sich um jene, die den neoliberalen Hochgeschwindigkeitszug nicht erreichen? Aufbegehrende Frauen wie z. B. im Pflegebereich sind da ein Störfaktor.
Es bleibt auch weiterhin bei uns, den außerparlamentarischen Druck aufrechtzuerhalten. Es wird sich zeigen, inwieweit die grüne Partei es versteht, diesen nicht nur als unabdingbar für die Schärfung der eigenen Positionen zu schätzen, sondern auch entsprechend zu fördern, um nicht im Sog nach rechts unterzugehen.
Heidi Ambrosch ist Frauensprecherin der KPÖ