Die Parlamentswahl in Slowenien hat eine Siegerin: die liberale Mitte. Die Linke konnte ihre Parlamentsvertretung gerade noch halten.
Eine Zusammenfassung von Mirko Messner
Bereits im Oktober 2020 hatten sich vier slowenische Parlamentsparteien – SozialdemokratInnen, die Linke und zwei liberale Parteien – als »Koalition des Verfassungsbogens« (KUL) zu einem Bündnis gegen den rechts-konservativen Ministerpräsidenten Janez Janša zusammengeschlossen. Janša hatte Schlüsselstellen unter anderem in der slowenischen staatlichen Medienlandschaft mit Gefolgsleuten besetzt und eine regelrechte Kultur der hemmungslosen, diskreditierenden Angriffe gegen Oppositionelle entwickelt, gegen die in Slowenien stark entwickelte soziale, ökologische und andere Protestkultur, verbunden mit Übergriffen gegen Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit. Zum einigenden Band der KUL-Koalition wurde demnach – wenig überraschend – das gemeinsame Ziel, Janša loszuwerden, und diesem Ziel wurden die Unterschiede oder Gegensätze innerhalb der KUL-Koalition untergeordnet.
Überraschend allerdings war dann wenige Monate vor der Wahl das plötzliche Auftauchen der »Bewegung Freiheit« mit ihrer liberalen Gallionsfigur Robert Golob, dem es gelang, die zunehmend deutlicher sich arti kulierende Anti-Janša-Stimmung in der slowenischen Gesellschaft aufzufangen und letztlich in einen fulminanten Sieg bei der Parlamentswahl zu verwandeln, die aufgrund der fokussierten Politisierung des Wahlkampfes und Mobilisierung der Zivilgesellschaft durch eine Rekordbeteiligung von 70 Prozent gekennzeichnet war.
Im Grunde war Golob eine ungewollte Schöpfung des Janez Janša. Dieser hatte ihn im Herbst als Chef des staatlichen Stromversorgers GEN-I abgesetzt und ihn damit mit dem Nimbus eines Janša-Opfers versehen. Die Parteibezeichnung »Bewegung Freiheit« ließ sich als Freiheit von Janša, von allseitiger reaktionärer Bevormundung verstehen.
Das alles ließ Golob als in Folge vierten »Messias« der liberalen Mitte – wie seine VorgängerInnen knapp vor den Wahlen – den Sieg davontragen, auch wenn er wie seine VorgängerInnen über keine solide Basisstruktur verfügt, und sein (sehr allgemein gehaltenes) Parteiprogramm erst in letzter Minute geschrieben wurde. Mit der KUL-Koalition verband ihn dasselbe Hauptziel, doch das Wahlvolk entschied sich für ihn, weil sie in ihm die größte Chance sah, Janša zu überrunden. Das geschah denn auch. Janša stockte seine Parlamentsvertretung zwar mit 23,52 Prozent auf 27 Sitze auf, aber Golobs Ergebnis war mit rund 35 Prozent der Stimmen für 41 Mandate gut. Die ChristdemokratInnen Neues Slowenien (NS) belegten mit 6,86 Prozent und acht Sitzen den dritten Platz, gefolgt von den SozialdemokratInnen (SD) mit 6,66 Prozent und sieben Sitzen und der Linken (Levica) mit 4,39 Prozent und fünf Sitzen. Beide mussten Verluste hinnehmen; die SD verlor drei Abgeordnete. Die Levica verlor vier Sitze, hat jetzt fünf; sie schaffte mit 4,39 Prozent gerade noch, ihre Parlamentsposition zu halten, die zwei liberalen Parteien des Bündnisses nicht. 20 Parteien waren insgesamt zur Wahl angetreten, fünf schafften es ins Parlament.
Die Niederlage der Linken
Das Nachsehen hatten also in erster Linie die Parteien im Bündnis KUL. Aufschlussreich die Stellungnahme der Linken zum Wahlergebnis nach der ersten Reflexion des Parteirats: »Wir sind stolz auf unsere Arbeit«, heißt es darin, »die wir in den vergangenen acht Jahren geleistet haben. Wir haben den Mindestlohn erhöht und dessen automatische Erhöhung entsprechend den Lebenshaltungskosten durchgesetzt. Wir haben die Mindestpension über die Grenze von 600 Euro gehoben. Den Ladenschluss an Sonntagen durchgesetzt und den Verkäufer Innen Freizeit für eigene Bedürfnisse und die ihrer Angehörigen verschafft. So lange für ein Fracking-Verbot gekämpft, bis es durch war. Entgeltfreie warme Mahlzeiten für Kinder aus armen Familien durchgesetzt. Den Zugang zu Alimenten vereinfacht.
Darum war unsere zentrale Wahlbotschaft, dass es nicht reicht, lediglich Janša abzusetzen, und dass eine starke Stimme für die Linke die Garantie dafür ist, dass Slowenien endlich eine Regierung erhält, die zum Wohle der Menschen arbeitet. Dass diese Botschaft nicht zu den Menschen durchgedrungen ist, empfinden wir als unseren größten Misserfolg bei diesen Wahlen.« Und abschließend: Es reiche eben nicht, »Veränderungen für die Menschen durchzusetzen, sondern dies vor allem mit den Menschen zu tun«. Das müsse die Leitlinie für die strategischen und organisatorischen Veränderungen der Levica, der Linken in der kommenden Periode sein.
In diesem Sinne sprach der Parteirat dem Exekutivausschuss sein Vertrauen aus – der Vorsitzende Luka Mesec hatte ja seinen Rücktritt angeboten – und betraute ihn mit der Aufgabe, die Linke in die anstehenden Verhandlungen über den Eintritt in die Regierung zu führen. Der Wahlsieger Golob hatte sowohl vor dem Wahlgang als auch danach seine Bereitschaft bekundet, nicht nur mit der Sozialdemokratie und der Linken, sondern auch mit den nicht mehr im Parlament vertretenen Parteien und ganz allgemein mit Fachleuten aus der Zivilgesellschaft über Mitarbeit in der Regierung zu sprechen. Ob und wie ihm das gelingen wird, ist offen.