1. Grund: Das Prestige der NEOS. Selbst in linken Kreisen gelten die NEOS als bürgerlich korrekte, nicht rassistische Partei. Sie kommen modern und weltoffen rüber. Ihre Oppositionspolitik wird von den Medien als sachlich und konstruktiv beschrieben. Und hat ihre Jugendorganisation nicht mit der Legalisierung von Cannabis geliebäugelt? Wohl wird ihre neoliberale Orientierung klar erkannt. Aber gegenüber den rassistischen Grauslichkeiten der FPÖ erscheinen sie doch als das kleinere, vor allem harmlosere Übel.
2. Grund: Ihre politische Kompaktheit. Die NEOS ist die Partei der Gewinner Innen des Neoliberalismus. Sie schwimmen mit dem Strom der neoliberalen Umwälzungen und profitieren in jeder Hinsicht davon. Daher strotzen ihre Mitglieder und FunktionärInnen auch vor Selbstbewusstsein. Ohne Rücksicht auf divergierende parteiinterne Interessen nehmen zu müssen, eint sie ein simples Programm: noch mehr Neoliberalismus. Kaum eine Partei kann daher so geschlossen und kompakt auftreten wie die NEOS.
3. Grund: Sie profitieren von der weltweiten Ideologieproduktion des Neoliberalismus. Die NEOS müssen keine eigenständige Programmatik entwickeln, sie können aus dem Vollen schöpfen. Die neoliberale Ideologie ist längst an Universitäten, Forschungsinstituten und Think Tanks hegemonial. Sie wird an den Wirtschaftsuniversitäten gelehrt und abgeprüft, sie wird in
den großen Medien popularisiert und dominiert die Talk Shows. Die NEOS müssen sie nur auf die österreichischen Verhältnisse anwenden.
4. Grund: Sie meinen es verdammt ernst. Obwohl die NEOS oft recht geschickt gefällige und wenig kontroverse Themen präsentieren, halten sie mit ihrem Programm nicht hinter dem Berg: Studiengebühren und Eliteschulen, Anhebung des Pensionsantrittsalters mit dem Ziel, einen Lebensabend ohne Zwang zur Lohnarbeit überhaupt zu beseitigen, schrankenlose Privatisierung, Abschaffung des Sozialstaates, keinerlei Mietzinsregelungen mehr, keine Auflagen für UnternehmerInnen, Abschaffung von Arbeitszeitbestimmungen, militärische Aufrüstung der EU und verstärkte imperialistische Außenpolitik. Das soll ohne Rücksichten umgesetzt werden.
5. Grund: Sie sind Elite und wissen das auch. Die NEOS sind keine Massenpartei. Sie sind die soziale Elite des Neoliberalismus und halten sich für die wirklich innovativen Kräfte der Gesellschaft. Noch sind sie auf ein Bündnis mit den alten herrschenden Klassen angewiesen. Daher ist derzeit die ÖVP ihr logischer Partner.
6. Grund: Jede emanzipatorische Alternative zum Neoliberalismus gefährdet die Interessen ihrer Mitglieder. Die NEOS müssen jeden Schritt in Richtung einer egalitären und solidarischen Gesellschaft als Bedrohung wahrnehmen, was sich auch an der Nichtunterstützung des Frauenvolksbegehrens gezeigt hat. Wir sollten ihre Entschlossenheit, sich nicht von »Versagern« und sozial Schwachen den Erfolg stehlen zu lassen, bitter ernst nehmen.
7. Grund: Viele Linke unterschätzen die NEOS massiv. Die Gefährlichkeit der NEOS wird leider nur von einem Teil der Linken erkannt, der andere starrt wie das Kaninchen vor der Schlange auf die FPÖ. Nach dem Rechtsruck in der ÖVP hat sich mit den NEOS eine weitere, hoch aggressive reaktionäre politische Kraft auf der politischen Bühne etabliert. Sehen wir dieser Tatsache ins Auge.