Gerlinde Grünn, KPÖ-Gemeinderätin in Linz. Gerlinde Grünn, KPÖ-Gemeinderätin in Linz. FOTO KK

LINZ / OBERÖSTERREICH: Nichts als Widerspruch …

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»Keine Chance« gab der damalige Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) der KPÖ bei der Gemeinderatswahl 2009. Mit dieser Aussage nach dem Wahlerfolg der KPÖ konfrontiert, meinte Dobusch dann aber, nicht damit gerechnet zu haben, dass seine SPÖ »so viel verlieren würde«. Die KPÖ ist seit zehn Jahren wieder im Linzer Gemeinderat vertreten.

Von LEO FURTLEHNER

Der Wiedereinzug der KPÖ in den Lin­zer Gemeinderat nach 18 Jahren beruhte freilich vor allem auf politischer Beharrlichkeit. Hatte doch die KPÖ auch nach dem Mandatsverlust von 1991 stets kommunalpolitisch Flagge gezeigt und bereits 2003 das Mandat nur ganz knapp um 33 Stimmen verfehlt.

2009 war die KPÖ mit dem Motto »Wir versprechen nichts als Widerspruch und lästige Fragen im Gemeinderat« angetre­ten. In diesem Sinne führte die KPÖ-Ver­tretung zu einer Belebung des Stadtparla­ments, und Gemeinderätin Gerlinde Grünn zeigt seit nunmehr zehn Jahren, dass eine fortschrittliche linke Stimme wichtig ist.

Das führte 2015 zu einem deutlichen Stimmenzuwachs, wenngleich das zweite Mandat und damit Fraktionsstatus nicht erreicht wurden. Jedenfalls wäre die KPÖ aber auch bei einer wiederholt ventilier­ten Verkleinerung des Gemeinderates weiterhin im Stadtparlament vertreten.

Soziales Gewissen

Mit dem Verlust der absoluten SPÖ-Mehr­heit veränderte sich 2009 freilich auch die Linzer Stadtpolitik. Maßgeblich dazu beigetragen hat, dass kurz nach dieser Wahl die Swap-Spekulation platzte und Linz den Nimbus einer reichen Stadt verlor. Mit dem Erstarken der FPÖ mussten zudem dieser Zugeständnisse gemacht werden, so etwa die Stadtwache unter der Ägide des mittlerweile unter schmähli­chen Umständen verschwundenen Stadt­rates und ab 2015 Vizebürgermeisters Detlef Wimmer.

Setzte Bürgermeister Dobusch anfäng­lich noch auf eine Kooperation mit den Grünen, so änderte sich das unter seinem Nachfolger Klaus Luger, der nach seiner Wahl als Stadtoberhaupt 2013 immer offe­ner auf eine rot-blaue Koalition setzte. Diese mündete 2015 sogar ganz offiziell in einen Koalitionspakt, der nach den Ibiza-Turbulenzen im Mai 2019 und sich seit Jahren verstärkter Kritik allerdings for­mell aufgekündigt werden musste.

Mit nur einem Mandat hat eine Partei keinen Fraktionsstatus und daher nur beschränkte Möglichkeiten. So benötigt KPÖ-Gemeinderätin Grünn für Anträge die Unterschrift von Mandatar_innen anderer Fraktionen, wobei sich nach der Wahl 2015 eine partielle Kooperation zwi­schen KPÖ, Grünen und NEOS herausge­bildet hat, die vermehrt auch in gemein­same Anträge mündet.

Laut Statut haben nur Fraktionen eine Vertretung in den neun Ausschüssen, zumindest aber wurde der KPÖ seit 2009 zugestanden, an Ausschusssitzungen ohne Stimmrecht teilzunehmen. Auch die »Aktuelle Stunde« ist laut Statut den Fraktionen vorbehalten, die KPÖ kann sich dazu höchstens schriftlich äußern. Parlamentarische Hauptinstrumente der KPÖ sind daher Anfragen und Stellung­nahmen.

Dabei kann die KPÖ im Rückblick auf die mittlerweile zehnjährige Vertretung im Gemeinderat auf einen gewissen Weitblick in oft wesentlichen Fragen verweisen. Etwa dass Gemeinderätin Grünn bereits 2011 mit einer Anfrage die zunehmend brisante Thematik der Donau-Kreuzfahrt­schiffe aufgerollt hat oder ebenfalls bereits 2011 der geplanten Ostumfahrung eine klare Absage erteilt hatte, als sogar die Grünen noch einer entsprechenden FPÖ-Resolution zugestimmt hatten.

Vor allem aber nimmt die KPÖ die Funktion eines »sozialen Gewissens« im Linzer Stadtparlament wahr, ein Thema, das der studierten Historikerin, aber jah­relang als Sozialpädagogin tätigen Gemeinderätin Gerlinde Grünn ein Her­zensanliegen ist. Insbesondere ihre Bei­träge bei der jährlichen Budgetdebatte im Dezember haben daher einen klaren sozi­alpolitischen Schwerpunkt, verbunden mit einer scharfen Kritik an der Bereit­schaft der Sozialdemokratie, sich den neoliberalen Dogmen zu unterwerfen. Ein wichtiger Erfolg gelang etwa, als 2019 der KPÖ-Antrag für einen Kautionsfonds nach Grazer Muster (bei Stimmenthaltung der ÖVP) angenommen wurde und 2020 reali­siert werden soll.

Superrot und aktiv

Alleinstellungsmerkmale konnte die KPÖ zudem mit mehreren Kampagnen erzie­len. So konnte zwar 2010 die von der KPÖ initiierte überparteiliche Plattform »Linz braucht keine Stadtwache« die Aufstel­lung dieser Repressionstruppe nicht ver­hindern, erreichte aber, dass die Öffent­lichkeit stets ein scharfes Auge auf die von der Stadtpolitik als »Ordnungsdienst« verniedlichte Einrichtung hat.

Insbesondere die 2016 gestartete Kam­pagne »Aktivpass, bleib wie du bist« ist auch in der Öffentlichkeit mit der KPÖ verbunden und verhinderte bis dato weit­gehend die von der FPÖ wiederholt for­cierten massiven Einschnitte bei dieser wichtigen sozialen Einrichtung. Ebenso konnte sich die KPÖ mit ihrer Kampagne für die Freifahrt 2012 nachhaltig einen Namen machen.

Auch gilt für die KPÖ die Losung »Damit man draußen weiß, was drinnen vorgeht« und umgekehrt. Daher setzt sie auf gute Kontakte zu Initiativen und Bürger_ innen, die sich kritisch mit der Stadtent­wicklung auseinandersetzen sowie gezielte Information. Mit dem seit 2010 erscheinenden »Superroten Infoblatt«, mittlerweile in 27 Ausgaben, informiert die KPÖ regelmäßig eine breitere Öffent­lichkeit.

Im Kommunalprogramm der Linzer KPÖ wird festgestellt, dass die »Bürgerinnen den Sachzwängen einer neoliberalen Standortpolitik ausgeliefert« sind und die Standortpolitik die »Unterwerfung aller Belange des Lebens in Linz unter die Erfordernisse der wirtschaftlichen Ver­wertbarkeit« bedeutet. Als Resümee gilt, dass auch im Gemeinderat »dieser neoli­beralen Zurichtung der Stadt mit der nötigen Vehemenz« entgegengetreten werden muss.

Weil eine kommunale Vertretung hohe Anforderungen stellt, wird die Gemeinde­rätin durch einen kommunalpolitischen Arbeitskreis unterstützt und findet vor jeder Gemeinderatssitzung eine »Schnat­terrunde« statt. Einmal jährlich wird bei einer Klausur bilanziert und werden Vor­schläge für das Zusammenwirken von Gemeinderatsvertretung und Parteiorga­nisation diskutiert. Und als neue Formate gibt es seit 2017 das »Café Kommunal« als öffentlichen Bericht über die Aktivitäten im Gemeinderat und seit 2018 Stadtteil­rundgänge, um vor Ort kommunalen The­men auf die Spur zu kommen.

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Gelesen 6416 mal Letzte Änderung am Montag, 11 November 2019 18:17
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