Graz. Über 1000 Menschen trotzten am 12. Oktober der Kälte und folgten dem Aufruf der KPÖ. Sie demonstrierten in der steirischen Landeshauptstadt gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe. Mit dem 1. September 2016 hatten SPÖ und ÖVP diese durch die viel schlechtere »Wohnunterstützung« ersetzt. Die Demoroute führt vom Künstlerhaus im Stadtpark über den Burgring in die Herrengasse zum Landhaus.
Schon vor dem Sommer hatte die KPÖ vor Tausenden »Härtefällen« gewarnt. »Unsere Befürchtungen sind leider alle eingetreten«, so Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau der KPÖ im Steiermärkischen Landtag, bei der Auftaktkundgebung. »Mit der neuen Regelung können sich viele Leute ihre Wohnung nicht mehr leisten: arbeitende Menschen, Familien, Studierende, Pensionistinnen und Pensionisten.« In fast allen Fällen, die die KPÖ Steiermark in den letzten Wochen nachgerechnet hat, kommt es zu einer deutlichen Verringerung der Unterstützung.
»Das Wohnen ist schon jetzt für viele Menschen kaum noch leistbar. Sie geben oft mehr als die Hälfte des Haushaltseinkommens dafür aus. Die Wohnbeihilfe wurde geschaffen, um diesem Trend entgegen zu wirken. Sie müsste ausgebaut werden – nicht gestrichen«, betonte die Grazer Vizebürgermeisterin und Wohnungsstadträtin Elke Kahr in ihren Rede.
Wohnen wird immer teurer
Gekürzt wird bei der Wohnbeihilfe schon seit Jahren. 2009 gab das Land Steiermark noch 73,4 Mio. Euro dafür aus (34.500 Haushalte), 2014 war es nur noch 46,3 Mio. Euro (27.000 Haushalte). 2011 wurde die Betriebskostenpauschale halbiert. Mit der Einführung der stark reduzierten »Wohnunterstützung« sind Tausende mit drastischen Kürzungen konfrontiert. Viele werden gar keine Beihilfe mehr beziehen können, obwohl sie über äußerst geringe Einkommen verfügen.
Gleichzeitig steigen die Kosten für Mietwohnungen enorm an. In den fünf Jahren von 2011 bis 2015 verteuerten sich die Mieten (inklusive Betriebskosten) im österreichweiten Schnitt um weitere 14,9 Prozent, das ist EU-weit der höchste Wert. Bei privat vermieteten Wohnungen sind es sogar 16,5 Prozent.
Massive Verschlechterungen
Familienbeihilfe und Alimente werden nun ins Haushaltseinkommen einbezogen. Das bedeutet eine enorme Verschlechterung für Haushalte, in denen Kinder leben. Wer Unterhaltszahlungen leistet, kann diese aber nicht vom Haushaltseinkommen abziehen. Sogar das Einkommen von Minderjährigen, etwa von Lehrlingen, zählt nun zur Gänze – früher erst ab 450 Euro.
Neu ist auch, dass niemand eine Wohnunterstützung bekommt, dessen »Vermögen« den Betrag von 4189 Euro überschreitet. Viele Menschen haben einen Notgroschen angelegt; wer gespart hat, wird nun bestraft.
Auch Tausende Studierende kommen durch die neue Regelung unter die Räder. Sie haben nur noch eine Chance auf Wohnunterstützung, wenn ihre Eltern, deren Einkommen neuerdings eingerechnet wird, zusammen nicht mehr als 2000 Euro verdienen. Unterhaltszahlungen für Geschwister werden dagegen nicht berücksichtigt. »Studierende, die keine Studienbeihilfe beziehen, haben also praktisch kaum noch eine Chance auf Wohnunterstützung«, kritisierte Alexander Melinz vom Kommunistischen StudentInnenverband. Bereits vor dem Sommer hatte der KSV in einer Online-Petition fast 5000 Unterschriften gegen die Verschlechterungen gesammelt.
Widerstand geht weiter
Die KPÖ wird ihren Widerstand gegen die Abschaffung der Wohnbeihilfe auf jeden Fall fortsetzen. Binnen weniger Wochen wurden bei Infotischen und Mieterversammlungen mehrere Tausend Unterschriften gesammelt. Auch im Vorfeld der nächsten Landtagsitzung sollen wieder Protestaktionen stattfinden.