Österreichs erfolgreiche Politik-Orientierungshilfe wahlkabine.at will auch zur EU-Wahl online gehen. Doch dafür braucht es die Unterstützung der »Crowd«. Die Volksstimme sprach mit Redaktionsmitglied Dorian Sauper.
40 Mal stand die Wahlkabine den Wählern und Wählerinnen bereits zur Verfügung. Nun sammelt ihr über die Onlineplattform www.respekt. net erstmals Spenden, um auch zur kommenden EU-Wahl eine Orientierungshilfe anzubieten. Was hat euch zu diesem Schritt veranlasst?
DORIAN SAUPER: Wahlkabine.at war immer ein Projekt, mit dem wir Fakten und Sachpolitik statt Polarisierung und Personenwahlkampf in den Mittelpunkt stellen wollten. Das ist 2019 noch wichtiger als 2002, wo wir zum ersten Mal online gegangen sind. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, bei der Finanzierung auf die vielen NutzerInnen der Wahlkabine zu setzen, die das Tool als einen wichtigen Beitrag einer informierten Öffentlichkeit sehen. Crowdfunding ist auch ein demokratiepolitisches Mittel, das gut zum Selbstverständnis von Wahlkabine passt, genauso wie zum Selbstverständnis von unseren UnterstützerInnen als informierte WählerInnen.
Bei der letzten Nationalratswahl nutzten 1,2 Millionen Menschen die Wahlkabine zur zusätzlichen Orientierung. Offenbar gibt es also einen Informationsbedarf, den die klassische Medienlandschaft nicht abdeckt. Welche Lücken in der politischen Informationsvermittlung füllt ihr?
DORIAN SAUPER: Wahlkabine.at und klassische Medien übernehmen einfach unterschiedliche Aufgaben. Ich sehe uns da nicht die Zeitungen ablösen, sondern eher die Parteien selber in der Pflicht, die ihre Inhalte zunehmend hinter Kampagnen und Personenwahlkämpfen verschwinden lassen. Gleichzeitig decken wir ein breites Feld politischer Themen ab. Da gibt es wenig Raum für Schwammigkeit. Wir beziehen dabei viele Informationen aus den klassischen Medien ein, mit denen wir die Parteienantworten auf Richtigkeit überprüfen, und die InnenpolitikredakteurInnen wichtiger Zeitungen sitzen bei uns in der Redaktion. Das ist also eher eine Symbiose, würde ich sagen.
Auf eurer Homepage schreibt ihr, dass es schon immer schwierig war, öffentliche Unterstützung für das Projekt zu sichern. Welche öffentlichen Stellen haben euch bisher unterstützt?
DORIAN SAUPER: Es war immer ein schwieriges Unterfangen, die Finanzierung unseres Projekts zu gewährleisten, da wir auf einer Seite, wo so sensible, politische Daten eingegeben werden, keine personalisierte Werbung schalten werden. Wir waren also immer auf Unterstützung angewiesen. Wir konnten in den letzten Jahren schon immer wieder auch öffentliche Stellen für unser Vorhaben gewinnen, beispielsweise das Bundeskanzleramt oder auch Universitäten oder Forschungseinrichtungen; Diesmal aber müssen wir ohne diese öffentlichen Gelder auskommen.
Hat es auch einen gewissen Reiz, gänzlich unabhängig von öffentlicher Finanzierung zu sein? Quasi einen Service von WählerInnen für WählerInnen anbieten zu können.
DORIAN SAUPER: An sich wäre es uns lieber, wahlkabine.at immer und ohne breite Unterstützung anbieten zu können, als selbstverständlichen Teil jeder Wahl. Und das ist schon eine öffentliche Aufgabe, bei der die öffentliche Hand ein Interesse an der Finanzierung haben sollte. Dazu kommt, dass so eine Crowdfunding-Kampagne auch eine Menge Arbeit und für uns ganz etwas Neues ist. Spannend natürlich, aber auch anstrengend.
Das Crowdfunding läuft über die zivilgesellschaftliche Plattform www.respekt.net. Eine Umsetzung der Wahlkabine ist ab 5.000 Euro angesetzt. Wenn die Grenze überschritten wird, werden zusätzliche Informationsmaterialen und Unterrichtsmaterial für Erstwähler Innen produziert.