»De omnibus dubitandum« – »An allem ist zu zweifeln«, schrieb Karl Marx 1867 auf die Frage seiner Tochter Jenny nach seinem Lebensmotto. Aber zweifeln an der Untergangserzählung der Erderwärmung aus marxistischer Sicht? Ist das erlaubt? Das unternimmt jedenfalls Karl Reitter in seinem neuen Buch »Gemeinsam die Welt retten? Vom Klimaalarm zum Green New Deal«.
Eine Buchbesprechung von Michael Stocker
Im ersten Teil geht es um Grundwissen und Eckdaten der Klimaforschung, die Diskussion darum erfolgt allerdings keineswegs in einem unaufgeregten Klima, sondern »erweist sich als vermintes Gebiet«. Allzuoft beruht »die behauptete Zunahme von extremen Wetterereignissen nicht auf Fakten, sondern auf einer alarmistischen Interpretation. « Die Klimaforschung selbst ist eine Wissenschaft im Entstehen. Was treibt das Klima an, welche Rolle spielt das CO2? Was ist mit Wasserdampf, el Nino, der Sonneneinstrahlung, der Bodenversiegelung? Davon ausgehend geht es um die langfristige Temperaturmessung und das 2-Grad- Ziel. Detailliert folgen die Diskussionen um schmelzende Polkappen und den ansteigenden Meeresspiegel, extreme Wetterereignisse wie Waldbrände, Taifune, Überschwemmungen, Dürren, Flüchtlingsströme. Der Mensch hat Anteil am Klimawandel, die wissenschaftlichen Befunde sind aber oft widersprüchlich. Dies geht jedoch unter in der tagtäglichen Medien-»Überschwemmung« mit einer an die simple Alltagserfahrung appellierenden Untergangserzählung.
Im nächsten Kapitel befinden wir uns im politischen und ideologischen Überbau, den weltumspannenden Organisationen wie dem Weltklimarat IPCC und der Informationslobby wie Instituten für »Klimafolgenforschung«, den Kampagnen von Al Gore und Greta Thunberg. Der Abschnitt über das IPCC wird zu einer exemplarischen Studie der Wissenssoziologie. Wie werden Entscheidungsprozesse organisiert, wie werden Mitarbeiter rekrutiert und diszipliniert, wo werden die Grenzen von Veröffentlichungen gezogen, wie entstehen bedrohliche Entwicklungsszenarien – ein spannender und desillusionierender Einblick in einen »Supertanker« der Wissenschaft: schwer zu navigieren, aber unaufhaltsam auf seinem vorgegebenen Kurs. Die populäre und umstrittene Gallionsfigur Greta Thunberg steht dabei »für weit mehr als für radikalere Maßnahmen und entschlosseneres Handeln. Sie steht für eine strukturell religiöse Bewegung, die im prophezeiten Klimakollaps die Strafe für rücksichtsloses und egoistisches Fehlverhalten zu erkennen meint.« Die neueste Schock-Entwicklung ist die »World Weather Attribution «: noch während des aktuellen Wetterereignisses wird es schon völlig unwissenschaftlich rasch dem Klimawandel zugeordnet. Auch unbedingt lesenswert: »Der 97%-Konsens«!