20 Mai

KPÖplus schafft die Sensation

von

Michael Graber verfolgte den Wahlkampf in Salzburg

In der letzten Ausgabe der Volksstimme berichteten wir über die bemerkenswerte Tatsache, dass die Liste KPÖplus mit dem Salzburger Gemeinderat Kay-Michael Dankl an der Spitze erstmals seit den 70er Jahren in allen sechs Wahlkreisen für die Landtagswahl in Salzburg antreten konnte und die Zahl der gesammelten Unterstützungserklärungen bei weitem die Stimmenzahl der KPÖ bei der letzten Landtagswahl übertraf. Seither hatte sich das Standing von KPÖplus in der öffentlichen Wahrnehmung im Wahlkampf weiter verbessert.

Haslauer oder KPÖplus

Klar, dass angesichts dieser, für die österreichische Innenpolitik kleinen, für die KPÖ aber möglicherweise große Sensation, die Nervosität bei den anderen Parteien spürbar zunahm. Fiel doch das übliche Argument gegen die KPÖ, eine Stimme für ihre Liste sei eine verlorene Stimme, einfach weg. Es mussten andere Argumente her. Die SPÖ etwa warnte vor einer Stimmabgabe für KPÖplus, dies sei eine Stimme für Schwarz-Blau. KPÖplus antwortete mit einem Plakat mit der Warnung vor hohen Wohnkosten. Die Neos, die in der Landesregierung saßen und in den Umfragen hinter KPÖplus zurückgefallen waren, beschwerten sich, die KPÖ rede nur viel, die Neos hätten in der Wohnungspolitik mehr umgesetzt als die KPÖ in Graz. Das Thema war ein Kernthema des Wahlkampfs in Salzburg und bleibt ein Schwerpunktthema von KPÖplus. Die soziale Kompetenz, die sich Dankl und sein Team in Salzburg erworben haben, beruht auf der konsequenten Bearbeitung von diesem, vor allem in der Stadt Salzburg brennenden Problem. Ein Kautionsfond nach Grazer Vorbild wurde bereits umgesetzt. Zahlreiche weitere Vorschläge wurden auch von den Medien aufgegriffen – vom Mietendeckel bis zur Bodenpolitik und den Wohnbauförderungsmittel, die zweckentfremdet in anderen Budgettöpfen versickern. Der Versuch von SPÖ und FPÖ, sich an das Thema anzuhängen, blieb angesichts der Untätigkeit von Bund, Land und Gemeinde in den letzten fünf Jahren und den fühlbaren Wohnkosten unglaubwürdig.

Wäre die Pflege eine Bank, wäre sie schon längst gerettet

Das zeigte sich bei einer von den Salzburger Nachrichten veranstalteten Elefantenrunde der acht Spitzenkandidatinnen. Dankl verstand es in den anstehenden Wahlkampfthemen auch jeweils den gesellschaftspolitischen Horizont zu erweitern. Bezüglich der in Salzburg umstrittenen Windräder machte er den Vorschlag, in den Gemeinden auf genossenschaftlicher Basis vorzugehen und den Teilnehmer innen neben den günstigen Tarifen die Gewinne auszuschütten. Dies würde auch den Druck von den Bürgermeister*innen nehmen. Zum Dauerbrenner der offenen Wunde Pflege meinte er, wäre die Pflege eine Bank, wäre sie schon längst gerettet und erntete viel Applaus. Alle bisherigen Landtagsparteien ritterten um die Gunst von ÖVP-Landeshauptmann Haslauer, um als Juniorpartner in die Landesregierung aufgenommen zu werden. Dagegen formulierte Dankl sein Wahlziel, er wolle die Nervensäge des Landeshauptmann werden, um die gemachten Wahlversprechen nicht in der Versenkung verschwinden zu lassen.

Spannung bis zuletzt

KPÖplus hat ihre Präsenz im Wahlkampf deutlich ausgeweitet. Das Budget dafür wurde angesichts der Umfragen von 30.000 auf 80.000 Euro aufgestockt, in der Hoffnung dies aus der Wahlkampfkostenrückerstattung ausgleichen zu können.

An fast jeder Kreuzung in der Stadt Salzburg standen Plakatständer, auch in wichtigen Bezirksstädten waren sie präsent. In vielen Stadtteilen vor allem in jenen mit der niedrigsten Wahlbeteiligung wurden tausende Wahlkampfzeitungen der Salzburger Stimme in die Postkästen gesteckt. Was die anderen Parteien mit jeweils hunderttausenden Euro zu erreichen versuchten (die ÖVP steckte eine Million in den Wahlkampf), machte KPÖplus mit dem Einsatz von dutzenden Aktivist*innen auch aus anderen Bundesländern wett. Diese solidarische Atmosphäre trug wesentlich zum Schwung des Wahlkampfs bei.

Die Spannung hielt auch am Wahltag bis zuletzt an: Kann der Einzug in den Landtag gelingen? Es wäre das erste Mal seit 1949, dass eine KPÖ-Liste im Salzburger Landtag vertreten ist und aktuell neben der Steiermark das zweite Landesparlament in das die KPÖ einzieht.

Die Sensation ist perfekt

Am 23. April um 17 Uhr stand es fest. KPÖplus zieht mit sensationellen 11,7 Prozent und vier Mandaten in den Landtag ein und erhöhte damit ihren Anteil um 11,3 Prozent, ein doppelt so hoher Zuwachs als der der FPÖ. In keinem der sechs Wahlkreise lag der Anteil der Stimmen unter fünf Prozent. Damit überholte KPÖplus die Grünen und die Neos, beide Regierungsparteien in der Salzburger Landesregierung. Die Neos schieden aus dem Landtag aus.

Aber in der Stadt Salzburg erhielt KPÖplus 21,8 Prozent der Stimmen, und wurde damit wenige Prozentpunkte nach der ÖVP zweitstärkste Partei, was schon das nächste Wahlziel für 2024 heranrücken lässt: eine Vervielfachung der Sitze im Salzburger Gemeinderat.

Man muss schon weit in die Geschichte der Zweiten Republik zurückblicken um annähernd ähnliche Landtagswahlergebnisse der KPÖ zu finden. 1945 und 1954 jeweils etwas über acht Prozent in Kärnten und in Wien, 6,5 Prozent 2005 mit dem Wiedereinzug in den Steirischen Landtag. Insofern ist das Salzburger Wahlergebnis das beste, das bisher eine KPÖ-Liste auf Landes- oder Bundesebene erzielt hat.

Aus der von Kay-Michael Dankl angekündigten Nervensäge für den Landeshauptmann sind nun vier Nervensägen geworden, die, so steht zu hoffen, die notwendige Unruhe in den Landtag, die etablierten Parteien aber darüber hinaus in Verlegenheit bringen werden.


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