ACAB. Foto: Ari Y. Richter Kurto Wendt ACAB. Foto: Ari Y. Richter Ari Y. Richter
01 September

Punch up, don’t kick down

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Das Kulturfestival WIENWOCHE wird dieses Jahr vom »Activist Comedy Against Bullshit« eröffnet. Die Aktivist_innen von ACAB haben zuvor schon einen kleinen Auftritt am diesjährigen Volksstimmefest. Kurto Wendt hat aus diesem Anlass bei Tolerant Alice vom ACAB für die Volksstimme nachgefragt, was es mit dem Spannungsverhältnis von politischem Aktivismus & Humor auf sich hat.

Volksstimme: Das politische Kabarett in Österreich ist geprägt von sich oft wehleidig gerierenden, gemeinsam älter werdenden, weißen Männern und jüngeren, die von ihnen gefördert werden. Wie können wir das ändern?

Tolerant Alice: Wir finden, es braucht neue Formate, die verschiedenen Performer_innen eine Bühne geben und damit auch ein Publikum ansprechen, dem bislang viele komödiantische Unterhaltungsformen verwehrt geblieben sind. Ganz einfach, weil die Fülle an verletzender und diskriminierender Sprache in diesem Genre leider kaum zu übertreffen ist. Kaum eine von Diskriminierung betroffene Person hört sich gerne Witze an, die diese Diskriminierung auch noch legitimieren. Was wir selbst gerade mit Workshops im Zuge der WIENWOCHE versuchen zu tun, ist Comedy für politisch engagierte Leute interessant und vielleicht sogar nutzbar zu machen – eben auch für deren politische Praxis.

 

Comedy bietet viele Möglichkeiten für politische Meinungsbildung die jenseits vom belehrenden Ton, der halt eigentlich immer nur zur Gegenwehr führt.

 

Wie seid ihr auf Comedy als eure bevorzugte politische Ausdrucksform gekommen?

Tolerant Alice: Wir würden nicht unbedingt sagen, dass Comedy unsere bevorzugte politische Ausdrucksform ist, aber halt EINE Form des politischen Kommentars. Eben eine die auch mal Spaß machen darf. Weil wenn eh schon alles so zach ist, wieso sollen wir nicht auch mal lachen dürfen? Wir finden, Comedy bietet viele Möglichkeiten für politische Meinungsbildung die jenseits vom belehrenden Ton, der halt eigentlich immer nur zur Gegenwehr führt. So können auch Leute erreicht werden die sich nicht eh schon im gleichen politischen Dunstkreis aufhalten.

Geht’s um Blaming?

Tolerant Alice: Wir finden nicht, dass es Blaming ist, diverse „-ismen“ aufzuzeigen. Machthaber_innen versuchen ja laufend denen ohne Macht die Schuld in die Schuhe zu schieben. Dem würden wir einfach gerne was entgegensetzen. Auf eine Art und Weise, die auch ein bisschen Spaß machen darf.

Ihr performt im Rahmen der WIENWOCHE, gibt es eine ideale Umgebung?

Tolerant Alice: Unserer Erfahrung nach: Je Enger desto besser. Wenn das Publikum auch die kleinste Regung der Performer_innen spürt, läuft es meistens gut. Als Kabarettist_in ist man ja sehr auf die unmittelbare Reaktion der Leute angewiesen. Deshalb hatten wir eine unsrer liebsten Shows bisher ohne Bühne in einem winzigen Raum in den gar nicht alle Leute gepasst haben. Comedy funktioniert auf Augenhöhe mit dem Publikum. Zu einem Netflix Special würden wir aber trotzdem nicht nein sagen. (Lachen)

Selected Audience oder Fun für alle?

Tolerant Alice: Weder noch. Allen kann man es sowieso nie recht machen und ein_e FPÖ-Wähler_in wird uns halt im ersten Moment vielleicht nicht lustig finden. Aber zu schaffen, dass die zuhören und bei dem ein oder anderen Scherz sogar lachen müssen, das interessiert uns. Wir wollen sowohl einen Raum in dem die gehört werden die oft unterrepräsentiert sind und gleichzeitig einen, in dem Leute überrascht werden können. Comedy hat das Potenzial für viele verschiedene Menschen zugänglich und unterhaltsam zu sein. Was ja in linken Kreisen bedingt durch einen bestimmten, teilweise sehr akademischen Sprachgebrauch nicht immer der Fall ist. Das heißt aber alles nicht, dass wir uns darum kümmern, dass weiße Hetero-Männer etwas zum Lachen haben.

Identitäres, Intimes, gibt es was, worüber ihr die Leute nicht lachen lassen wollt?

Tolerant Alice: Die Frage ist weniger, worüber man lacht, sondern warum man lacht. Auf wessen Kosten wird gelacht? Da folgen wir im Allgemeinen dem Leitsatz „Punch up, don’t kick down“.

ACAB eröffnet am 14.9., 20-22h, mit einer Gala die WIENWOCHE in der Nordbahn-Halle beim Wasserturm, 1020 Wien. Der Eintritt ist frei! Reservierung bis 12.9. unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! möglich. ACAB bietet am 16.9. auch einen Comedy-Workshop im Rahmen des Festivals an. Weitere Infos dazu unter: www.wienwoche.org
Das Interview ist in der Volksstimme No. 8 September 2018 erschienen.

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