Von Phili Kaufmann
Vor mehr als zwei Jahren gingen tausende Schüler*innen für eine klima-gerechte Zukunft auf die Straße. Man konnte die Wut auf die Regierung, aber auch die Entschlossenheit und Zuversicht, die Welt verändern zu können, förmlich spüren. Doch wenn man das Fazit heute zieht, ist die Realität mehr als ernüchternd. Zehn oder elf weltweite Klimastreiks später – man hat schon lange aufgehört zu zählen – steuern wir weiterhin direkt auf die Klimakrise zu. Fossile Großprojekte in Millionenhöhe, wie die der Stadtstraße, werden weiter mit aller Gewalt, die nötig ist, durchgesetzt. Doch ist die Klimakrise nicht die einzige Krise, in der die Regierung versagt(e). Als die Corona Pandemie die Welt das erste Mal stillstehen ließ, waren es Schüler*innen und Student*innen, die ohne einen Plan nach Hause geschickt wurden. Monatelanger Online-Unterricht, kein langfristiger Plan und gleichbleibender Leistungsdruck gehörten fast zwei Jahre lang zum Alltag der Schüler*innen und Student*innen. Wer in der Zeit keinen eigenen Laptop besaß oder sich um jüngere Geschwister kümmern musste, war mit seinen*ihren Problemen auf sich alleine gestellt. Bis heute sind die sozialen Ungleichheiten, die die Pandemie noch weiter aufgerissen hat, spürbar. Kein Wunder, dass die jungen Menschen, die seit Jahren unermüdlich für sich und ihre Zukunft kämpfen, langsam frustriert sind. Doch genau in dieser schwierigen Zeit gründete sich etwas Neues.
Klima, Feminismus, Schule
Im Frühling 2020 rief der Jugendrat das erste Mal zu einer Versammlung in der Marx-Halle auf – circa hundert Menschen kamen. Seitdem hat sich durch die junge Organisation so Einiges verändert. Der Jugendrat versteht sich selbst als eine unabhängige, linke und feministische Jugendorganisation, die sich mit sozialen und klimabezogenen Konflikten beschäftigt. Gehört hat man den Namen wohl vor allem in Verbindung mit »LobauBleibt«, wo der Jugendrat von Beginn an gemeinsam mit der Gründerin und Sprecherin Lena Schilling eine tragende Rolle im Kampf spielte. Er war es, der noch vor allen anderen, im Frühling 2021 die Besetzung der Lobau ankündigte, sollte das Lobau-Projekt tatsächlich verwirklicht werden. Doch der Jugendrat ist sehr viel mehr als »LobauBleibt«. In seinen drei Themenbereichen, Klima, Feminismus und Schule werden ständig Kämpfe auf der Straße in der Schule oder Uni ausgefochten. Was den Jugendrat wohl am stärksten von den meis-ten Jugendorganisationen in Österreich unterscheidet, ist das Alter der Mitglieder. Denn man findet hier wirklich vor allem Schüler*innen. Was fast schon eine Seltenheit ist, in der sehr stark von Studierenden geprägten Organisationslandschaft. Doch genau das ist die Grundessenz des Jugendrats – jungen Menschen eine Stimme und Handlungsmöglichkeit geben. Dezentral werden seit der Gründung in Wiener Schulen unabhängige Schüler*innen-Komitees aufgebaut. Ein Startpunkt für junge Menschen, die politisch aktiv werden wollen. Egal ob es darum geht, Konsequenzen für einen sexistischen Lehrer einzufordern oder gemeinsam mit der ganzen Schule zum nächsten Streik zu gehen, die Schüler*innen-Komitees arbeiten in Schulen, aber auch schulübergreifend. Sie sind das linke, unabhängige Pendant zur AKS und der Schülerunion, an dem sich jede*r beteiligen kann der*die wirklich was verändern will.
Für alle, die sich die Frage stellen, warum es den Jugendrat braucht, gibt es eine ganz einfache Antwort. In der heutigen Zeit fühlen wir uns oft überwältigt und machtlos gegen die Probleme der Welt. Junge Menschen, um deren Zukunft es ja eigentlich geht, haben am wenigsten Mitspracherecht. Zusammen werden wir das verändern! Wir nehmen ab jetzt unsere Zukunft selber in die Hand.
Phili Kaufmann ist eine junge, feministische angehende Journalistin, Fotografin und Sprecherin des Jugendrats. In den letzten Jahren hat sie in Österreich soziale und Klimagerechtigkeits-Bewegungen begleitet und mitgeformt. Durch Texte und Fotografien versucht sie die Kämpfe zu verewigen und Menschen näher zu bringen.