1-Euro-Jobs: Für die Lohnsklaverei konditionieren Josef Stingl Foto: Alf Melin CC BY-SA 2.0 / Flickr
22 August

1-Euro-Jobs: Für die Lohnsklaverei konditionieren

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Vor rund einem Monat ließ der schwarze Finanzminister Hans Jörg Schelling aufhorchen. Deutschlands Hartz IV sei besser als unser Arbeitslosensystem. Dort gäbe es u. a. die 1-Euro-Jobs für Empfänger von Arbeitslosengeld II. Ein gewaltiger »Shitstorm« entfachte: SPÖ, Grüne, Arbeiterkammer, Gewerkschaft, ja selbst die FPÖ sprachen sich gegen Schellings Zukunftsvision aus. Sie wurde daher von der ÖVP – scheinbar – in den Rundordner befördert.

Nur ein Monat später, darf jetzt ÖVPs große Zukunftshoffnung ans Thema ran. Taktisch, mit einem gemeinsamen Feindbild, den ungeliebten »Asylanten«, verlangt er jetzt verpflichtende 1-Euro-Jobs. Und siehe da, auf einmal herrscht breite Zustimmung: Von der Wirtschaftskammer, der Industrieellenvereinigung, und, und, und …

Nur AK und Gewerkschaft stemmen sich dagegen. Ihre SPÖ-Parteiverbündeter Klubobmann Andreas Schieder signalisiert dafür Zustimmung: »Wenn man der Meinung ist, dass Asylwerber und Asylberechtigte etwas Sinnvolles tun sollen, statt auf dem sprichwörtlichen Parkbankerl zu sitzen, muss man darüber nachdenken«. Auch für ihren befreundeten WIFO-Chef Karl Aiginger sind die 1-Euro-Jobs ein möglicher Weg.

Schon jetzt können Asylwerber_innen mit ihrem Einverständnis (also freiwillig) bei Gemeinden, Ländern oder Bund bzw. Betreuungseinrichtungen gegen einen angemessenen Anerkennungsbetrag (empfohlen werden vier bis fünf Euro pro Stunde) arbeiten. Diese gemeinnützige Beschäftigung ist kein Dienstverhältnis und daher nicht sozialversicherungspflichtig. Selbst eine Unfallversicherung wird den Gemeinden nur nahe gelegt.

Mit dem »Neuen Kurz-Modell« ist es mit der Freiwilligkeit vorbei: Entweder buggeln oder sanktionieren! Zwangsarbeit also, laut Wikipedia ein fließender Übergang von einer »sklavereiähnlichen« Erscheinung hin zur Sklaverei. Zur Beschönigung des Kurz-Programms werden Erläuterungen wie »alles zugunsten der Asylwerber_innen«, »begleitende Bildungsmaßnahme« oder »für den regulären Arbeitsmarkt fit machen« verwendet.

Ungeschminkt fasse ich zusammen: die rechtlose Versklavung der Betroffenen, um sie widerstandsunwillig und gottergeben für die Lohnsklaverei zu konditionieren. Übrigens, wie lange (siehe Schelling im Juli) es »nur um die Asylwerber_innen« gehen wird, kann sich jedeR selbst ausrechnen.

1-Euro-Jobs haben neben dieser Unmenschlichkeit noch andere Folgen: Lohndumping beispielsweise. Warum soll sich z. B. ein Pflegeheim noch Hilfsdienste mit kollektivvertraglicher Bezahlung leisten, wenn es Gleiches für einen Euro, ohne sozialversicherungsabgabliche Nebenkosten bekommt. Selbst Zivildiener werden bei solch Angeboten zu teuren Kräften. Sie kosten das Doppelte an »Lohn« und müssen noch zusätzlich durchgefüttert und ihre Fahrtkosten abgegolten werden.

Die Gleichberechtigungsfanatiker_innen der Wirtschaft werden nicht lange warten und auch für ihre Bereiche 1-Eurojobs einfordern. Immerhin könnte damit ja PRIVAT weit besser wirtschaften als der STAAT – vor allem deshalb, weil diese neuen Arbeitssklav_innen dann nicht nur billig sind, sondern auch keine Lohnnebenkosten verursachen!

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