VS 2025/5 – S. 6

Wien-Wahl:
Mehr als ein Achtungserfolg

Die KPÖ-Wien hat in neuerlicher Listenverbindung mit der Gruppe LINKS bei der Gemeinde- und Bezirksvertretungswahl am 27. April in Wien einen großen Schritt nach vorn gemacht.

Von Michael Graber

Der Anteil an den Stimmen für den Gemeinderat (der auch Landtag ist) stieg von 2% (2020) auf 4,06%, der für die Stimmen für die 23 Bezirksvertretungen von 2,5% auf 4,53%. Für die Bezirksvertretungen waren auch EU-Bürger wahlberechtigt, die ihren Hauptwohnsitz in Wien haben und die davon zu 20% Gebrauch machten. Ansonsten lag die Wahlbeteiligung für den Gemeinderat bei 62%, was einen Rückgang gegenüber 2020 von drei Prozentpunkten ergab. Umso bedeutender ist der Stimmenzuwachs der Liste KPÖ-LINKS von 14.919 (2020) auf 27.657 und die Stimmen für die Bezirksvertretungen von 19.516 auf 33.441.

Verdoppelung der Stimmen, Prozente und Mandate

Es ist das beste Stimmenergebnis seit 1964 für eine KPÖ-geführte Liste. Diese Verdoppelung der Stimmen und Prozentsätze bewirken, dass KPÖ-LINKS nunmehr in allen Bezirksparlamenten, zum großen Teil mit mehreren, insgesamt mit 49 Mandaten, vertreten ist. Auch für die historische Bedeutung dieses Ergebnisses muss man weit in die Vergangenheit zurückgehen: zuletzt war das für die KPÖ 1949 und 1954 jeweils unter der Listenbezeichnung »Linksblock« und »Volksopposition« mit 44 bzw. 47 Mandaten der Fall. Allerdings gab es insgesamt weniger Bezirksratsmandate zu vergeben und die KPÖ erzielte damals noch fast 90.000 Stimmen. 2020 besetzten KPÖ-LINKS 23 Mandate in 15 Bezirken.

Kritisch vermerkt wurde diesmal in vielen Medien, dass das Wahlrecht in Wien insgesamt immer absurder wird. Von den Menschen, die im Wahlalter über 16 Jahre in Wien leben, sind 35% für die Wahl des Gemeinderats ausgeschlossen, weil sie nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben, ihre Zahl ist in der Tendenz steigend. In Favoriten etwa ist die Hälfte der Bevölkerung nicht wahlberechtigt. So gesehen, repräsentiert der mit 42% gewählte Bezirksvorsteher (SPÖ) in Wirklichkeit eine kleine Minderheit, denn auch die Wahlbeteiligung betrug in diesem Bezirk etwas weniger als 60%.

Trotz des massiven Zuwachses an Stimmen, Prozenten und Mandaten ist der Einzug in den Gemeinderat nicht gelungen, wurde allerdings nur knapp verfehlt. Das liegt an der 5%-Klausel, die in Wien als Einzugshürde gilt. Gäbe es das gleiche kommunale Wahlrecht wie etwa in Graz, Linz, Salzburg oder Innsbruck, wäre KPÖ-LINKS in Fraktionsstärke in den Gemeinderat eingezogen. Es gilt aber nicht das kommunale, sondern das Wahlrecht des Landtags auch für die Gemeinde. 

Bemerkenswert ist auch das überdurchnittliche Wahlergebnis in einzelnen Bezirken und Sprengeln. In 12 Bezirken lag das Wahlergebnis für die Bezirksvertretung über 5%, in zwei Bezirken über 8%, in zwei weiteren über 7%, in drei Bezirken überholte die Bündnisliste die Regierungspartei OVP. In keinem der Bezirke lag das Ergebnis unter 2%. In einer Reihe von Wahlsprengeln in mehreren Bezirken erzielte KPÖ-LINKS zweistellige Werte.

Soziale Opposition wirkt

Das Bündnis schnitt vor allem dort gut ab, wo es schon länger verankert war und die KPÖ ihre Hochburgen hatte. Das sind auch die Bezirke mit großen sozialen Problemen. Deshalb konzentrierte sich die KPÖ auch mit ihrer Kampagne auf leistbares Wohnen mit den Forderungen nach Mietendeckel, Leerstandsabgabe und kommunale Wohnbauoffensive. Der Wahlkampf wurde von hunderten engagierten AktivistInnen nicht nur auf der Straße, sondern auch mit tausenden Haustürgesprächen und ziemlich erfolgreich auch in den Sozialen Medien geführt. In zehntausende Briefkästen wurden Wahlzeitungen gesteckt.

Meinungsforscher zeigten, dass KPÖ-LINKS von unter 30jährigen zu 8% und von migrantischen Wahlberechtigten der zweiten Generation zu 7% gewählt wurde.

Barbara Urbanic (KPÖ), die Spitzenkandidatin, meinte in einer ersten Stellungnahme, dass die SPÖ zwar ihre dominante Stellung halten konnte, aber der Stimmenzuwachs der KPÖ-Liste auch zeige, dass immer mehr Menschen eine soziale Opposition wollen und immer weniger Menschen an den Schmäh glaubten, dass man SPÖ wählen müsse, um rechte Politik und die FPÖ zu verhindern.

Das politische Terrain in Wien unterscheidet sich von anderen größeren Städten in Österreich in mehrerer Hinsicht. Ein Faktor besteht sicher darin, dass Bundespolitik in der Wahrnehmung der Menschen einerseits stärker mit der Kommunalpolitik konkurriert, andererseits aber eng mit ihr verflochten ist, was sich auch in der Medienlandschaft widerspiegelt. Für kleine Parteien ist es auch deshalb nicht leicht, auf bekannte Gesichter zu setzen, ohne die es aber immer schwieriger wird, eine Identifikation mit der vertretenen Politik zu erreichen.

Die Rangliste der Stimmen für KPÖ-LINKS nach Bezirken: 

  • 1. Platz 8,8% oder 4 Mandate 15. Bezirk Fünfhaus
  • 2. Platz 8,0% oder 3 Mandate 5. Bezirk Margareten
  • 3. Platz 7,5% oder 4 Mandate 20. Bezirk Brigittenau
  • 4. Platz 7,1% oder 4 Mandate 16. Bezirk Ottakring
  • 5. Platz 6,6% oder 2 Mandate 7. Bezirk Neubau
  • 6. Platz 6,4% oder 4 Mandate 2. Bezirk Leopoldstadt
  • 6. Platz 6,4% oder 2 Mandate 17. Bezirk Hernals
  • 7. Platz 6,1% oder 2 Mandate 6. Bezirk Mariahilf
  • 8. Platz 5,7% oder 2 Mandate 9. Bezirk Alsergrund
  • 9. Platz 5,4% oder 3 Mandate 3. Bezirk Landstraße
  • 10. Platz 5,2% oder 2 Mandate 4. Bezirk Wieden
  • 11. Platz 5,1% oder 3 Mandate 12. Bezirk Meidling
  • 12. Platz 4,7% oder 2 Mandate 8. Bezirk Josefstadt
  • 13. Platz 4,2% oder 2 Mandate 14. Bezirk Penzing
  • 14. Platz 4,0% oder 2 Mandate 10. Bezirk Favoriten
  • 15. Platz 3,7% oder 1 Mandat 18. Bezirk Währing
  • 16. Platz 3,1% oder 1 Mandat 22. Bezirk Donaustadt
  • 17. Platz 3,0% oder 1 Mandat 19. Bezirk Döbling
  • 18. Platz 2,7% oder 1 Mandat 11. Bezirk Simmering
  • 19. Platz 2,6% oder 1 Mandat 21. Bezirk Floridsdorf
  • 20. Platz 2,5% oder 1 Mandat 13. Bezirk Hietzing
  • 21. Platz 2,4% oder 1 Mandat 23. Bezirk Liesing
  • 22. Platz 2,3% oder 1 Mandat 1. Bezirk Innere Stadt

Quelle: www.wien.gv.at. Prozentzahlen gerundet.

In 15 Bezirken hat KPÖ-Links Klubstatus (bei zwei und mehr BezirksrätInnen), insgesamt 49 BezirksrätInnen.


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